Und gleich noch eine … 🙂
SO FRÜH IM JAHR SCHON VON EINEM ANWÄRTER AUF DAS ALBUM DES JAHRES ZU SPRECHEN IST GEFÄHRLICH. BEI „MATULAS“ NEUEM WERK „AUF ALLEN FESTEN“, KÖNNTE DAS ABER TATSÄCHLICH DER FALL SEIN.
„Matula“ kommen aus Hamburg / Schleswig Holstein, das steht im Punkrock mittlerweile ja schon fast alleine als Qualitätsmerkmal. Dabei spielen „Matula“ noch nicht mal wirklich Punk Rock. Und dann eben doch. „Matula“ sind nicht zu fassen. Die Musik pendelt zwischen Punk Rock Ausbrüchen und einem „laut – leise“ Indierock, der auch „Aeorogram“ oder „Mogwai“ praktizieren können. Die Gitarren sind schrill und laut, aber immer ganz klar zu hören. Bass und Schlagzeug geben den Rhythmus vor und sind dabei herrlich auf dem Punkt. Eine herrlich klare Produktion, die sowohl genau und rein, als auch dreckig klingt. Vor allem muss dieses Album einfach laut gehört werden. Sehr laut!
Die Texte verlangen einiges ab. Kaum verstanden, gibt es am Ende eines Songs eine Wendung und lässt den Hörer abermals zweifelnd und mit der Frage, worum es eigentlich geht zurück. Eins haben die Lieder aber alle gleich, die Helden der kleinen Geschichten scheitern alle (und sind somit den Figuren eines Richards Yates nicht unähnlich) und sind weiter auf der Suche nach irgendwas. Das „Was“ wird nicht genannt und bleibt dem Hörer selbst überlassen. Auch sind die Charaktere keineswegs Außenseiter oder stehen am Rande der Gesellschaft, vielmehr sind sie alle bereits in der Mitte angekommen und fragen sich, ob sie hier auch hingehören und vor allem hin wollen.
Im Titelsong will der Song Charakter „den ganzen Kuchen essen“, mit dem Auto zum Strand und ein Kinobesuch, auf allen Festen tanzen, am besten mit der Braut, wenn die Musik schon aus ist, fängst Du an zu singen.“ Hier will jemand alles haben, alles auf einmal. Aber dem gegenüber steht die Wirklichkeit. „Wie sieht Dein Tag aus? Schau auf die Liste!“ Damit ist der Protagonist nicht zufrieden und erwartet schon fast mehr von seinem Leben. Dass das Leben so nicht funktioniert wissen „Matula,“ und genau diese Wendungen macht „Auf allen Festen aus.“ Es wäre nur zu verständlich diese Wünsche und dieses Aufbegehren zu besingen, haben andere vorher auch schon gemacht. Am prominentesten vielleicht Fehlfarben. Das wäre noch nicht mal langweilig. Aber so wie „Matula“ es machen ist es ganz groß!
Die Single „Schwarzweiß Fotos“ ist ein Song über die Liebe zur Musik. Das Lied startet mit den Zeilen: „In Welten eingezwängt, in dem man mitmacht, hat man dir erzählt, das es auch anders geht.“ Wieder wird in der zweiten Person Singular gesungen, alleine dieser Aspekt sorgt in der Musikwelt die sehr „Ich“ getrieben ist schon für Abwechslung und Freude. Der Hörer fühlt sich nicht nur direkt angesprochen, sondern findet sich auch sofort in den Liedern wieder. Auch in „Schwarzweißfotos“, steht der Held wieder alleine da und ist auf der Suche nach etwas, macht aber erstmal mit. Doch „Du zweifelst weiter, weil es dir so gut steht.“ Und dann ist da die Musik! „Lieder die du liebst“, und das, „steuert deinen Kurs.“ Am Ende ruft im Hintergrund jemand ganz leise etwas von Turbostaat, was ich gerne wissen würde, aber beim besten Willen nicht raushören konnte.
Auch bei „Monstrum“ scheitert der Held an der Musik, und auch hier spiegelt sich der Anspruch und die Vorstellung des Protagonisten mit der Wirklichkeit: „In Gedanken große Bühne, Zuhause ein Futon, Erfolg, Ruhm und Kohle kommen nicht vorbei.“
In „Für ein Leben“ scheuen sich „Matula“ nicht ein billiges Keyboard alà Liquido einzusetzen und vor allem es passt! In diesem Song bringen „Matula“ das gesamte existenzialistische Gefühl, welches über „Auf allen Festen“ hängt auf dem Punkt: „Was ist das für ein Leben, dass man nicht führen kann. Wie lange muss man laufen? Bis man weiß wohin.“ Flucht als Motiv und Spiegelung für ein besseres Leben. Wie es aussehen kann oder soll ist nicht bekannt. Fest steht nur, hier geht es so nicht weiter. Auch auf die Gefahr hin zu scheitern und zu verlieren – die Flucht muss kommen. Das ist kein Wegrennen vor Problemen, sondern der Aufbruch um diese Sorgen zu bekämpfen. Das ist immer noch Besser als „den Status hochhalten, wenn schon nicht den Kopf.“
Zum Abschluss des Albums, drehen „Matula“ noch mal richtig auf und bieten die zwei besten Songs des Albums an. Bei „Die härtesten Türen der Welt“, schmeißt ein Verkäufer seinen Job, weil er sich praktisch nackt gemacht hat, aber nicht erfolgreich war, weil er was verkauft, das er hasst. „Du hast alles gezeigt, und nichts bekommen“, heißt es. Auch hier ist das Scheitern nicht als Aufgabe zu verstehen, sondern als einzig richtige und logische Konsequenz zu sehen. „Du bleibst ein Mensch und die verlieren. Du hast ein Leben, ohne falschen Stolz. Und wie das endet und was falsch läuft wissen die doch nicht.“ Später wandelt sich die „gezeigt/bekommen“ Aussage: „Hast alles gezeigt und nichts gegeben.“ Weil er eben nicht jemanden über den Tisch ziehen wollte, nur um Scheiße zu verkaufen. Schlussendlich verliert der Held seinen Job und ist trotzdem der Gewinner.
Das letzte Lied „Drei Minuten“, könnte fast als Fortsetzung von „Den härtesten Türen der Welt“ gelten. Der Protagonist macht sich auf und verlässt den Ort. „Hose, Hemd, ein Buch, ich habe nie viel gebraucht. Auf jeder Seite steht du sollst immer in Bewegung bleiben.“ Und schließlich und endlich gibt es doch ein Liebeslied auf dem Album, wenn auch eins das von der Suche noch Liebe handelt. „Ich will nicht mehr alleine schlafen, weil ich immer an den Beinen friere.“ Auch wenn der Held viel unterwegs ist und die Welt gesehen hat „bleibt der Gedanke an den Heimweg.“ Wieder mal finden „Matula“ in einem Song eine zweite Sichtweise und lässt den Hörer erneut zweifelnd zurück. Worum geht es jetzt eigentlich? Ich kann diese Frage immer noch nicht beantworten. Ich kann mir nur Gedanken machen und interpretieren. Vielleicht liege ich richtig, vielleicht auch komplett daneben. Aber eigentlich ist das auch total egal. Denn „Auf allen Festen“ von „Matula“, sind bereits jetzt schon Anwärter auf das Album des Jahres! Matula – Auf allen Festen, Vö 21.02.2014 (Zeitstrafe) | hb-people.de – dein Online-Stadt-Magazin.